Andrea Radtke
Tierärztin mit Tätigkeitsschwerpunkt Akupunktur und Osteopathie


Infothek


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12.09.2021

Ganzheitliche Tiermedizin - so viel mehr als nur Blockaden - eine Invagination

Oft habe ich den Eindruck, dass die Möglichkeiten der ganzheitlichen Tiermedizin zu wenig bekannt sind.
Häufig fühle ich mich auf die Behandlung von „Blockaden“ und „fest im Rücken“ reduziert.
Wie viel mehr ich mit meinen Patienten erleben darf, möchte ich in Zukunft anhand von Fallvorstellungen erzählen.

Heute geht es um den Labrador-Rüden„Buddy“, 8 Jahre alt, kastriert.
Buddy zeigte im Laufe der Nacht massives Erbrechen und immer wieder den erfolglosenVersuch, Kot abzusetzen. Er war extrem unruhig, hatte massive Schmerzen in Bauchraum und es ging ihm zusehend schlechter. Die Besitzer sind in den frühen Morgenstunden notfallmäßig in eine der umliegenden Tierkliniken gefahren.
In der Tierklinik wurde sonographisch ein Darmverschluss aufgrund einer sogenannten Invagination festgestellt.

Eine Invagination des Darmes ist die Einstülpung eines Darmanteils in einen peristaltisch darauffolgenden Darmabschnitt.
Diese Einstülpung führt zur Abschnürung oder Teilabschnürung der versorgenden Gefäße und Anschwellung des Darmteils. Die Folgen sind massive kolikartige Schmerzen, Schonhaltung, hochgradige Abwehrspannung und starkes Erbrechen durch den Darmverschluss. Unbehandelt kommt es zum Absterben von Darmteilen und zur Schocksymptomatik.

Der Grund für die Erkrankung ist häufig eine vermehrte Peristaltik z.B. aufgrund von Durchfall. Auch Buddy hatte zuvor seit einigen Tagen Durchfall.

Er hatte nun das Glück, dass sich in der Klinik unter sogenannter konservativen Therapie, sprich Infusionstherapie, krampflösende Medikamente, Schmerzmittel und Antibiose die Übereinanderstülpung spontan gelöst hat. Er musste nicht operiert werden. Nach einigen Tagen konnte Buddy unter Antibiose und Schonkost entlassen werden.

Seine Besitzer baten mich nach seiner Entlassung, Buddy darüber hinaus ganzheitlich zu behandeln.

In der osteopathischen Befunderhebung vielen v.a. eine Hypertension und eine arrhythmische Motilität über dem Kolon auf. Durch die Kombination aus Kolonmassage und Mobilisationstechniken konnte ich eine deutliche Entspannung der Bauchdecke und eine rhythmische Motilität des Darmes herstellen.

Aus traditionell chinesischer Sicht kommt es zu einer Qi- und Blutstase im Magen-Darm-System bis hin zum Yang-Kollaps. Das Milz-Qi ist oftmals in Leere. Die Besitzer beschrieben Buddy als immer noch sehr schlapp. Somit habe ich über den Akupunkturpunkt MP6 zunächst die Milz-Nieren-Funktion gestärkt und über Di4 den pathogenen Faktor ausgeleitet und die Darmfunktion unterstützt.

Eine Woche später war Buddy zum Kontrollultraschall in der Tierklinik.
Die Kollegin war von Buddys Zustand begeistert, die Ultraschalluntersuchung verlief unauffällig und Buddy durfte gesund nach Hause.



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