Andrea Radtke
Tierärztin mit Tätigkeitsschwerpunkt Akupunktur und Osteopathie


Infothek


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02.03.2021

Buntzecken in Deutschland

Es ist der 24. Februar 2021.
Statt in der Winterjacke mit weit in die Stirn gezogener Mütze bei Schneeregen durch die Kälte zu zittern, genieße ich bei einer Außentemperatur von 20°C den Spaziergang mit meinen beiden gut gelaunten Hunden bei strahlendem Sonnenschein.
Seit einigen Jahren breiten sich zwei Buntzecken-Arten in Europa aus.
Im Vergleich zu der in Deutschland und Europa am häufigsten vorkommenden Zeckenart, dem gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) sind die sogenannten Buntzecken (Gattung Dermacentor) an ihrem marmorierten grauschwarzen Rückenschild zu erkennen. Außerdem sind diese Arten etwas größer als der bekannte Holzbock.

Im Folgenden möchte ich vor allem über die sogenannte Auwald- oder Wiesenzecke (Dermacentor reticulatus) berichten.

Wiesenzecken zeigen sich deutlich kältetoleranter als der gemeine Holzbock, wodurch der erste Aktivitätsgipfel bereits im März und April stattfindet und die zweite Hauptaktivitätszeit im September und Oktober erfolgt. Auch bei 4°C und nächtlichem Bodenfrost wurden noch Zecken bei der Opfersuche gefunden.
Gefunden wurden Wiesenzecken vor allem auf Weidegebieten und auf wiesenartigen Flächen bzw. an Wegrändern mit höherem Grasbewuchs, häufig in der Umgebung von feuchten Gebieten und Flüssen.

Buntzecken gelten als sogenannte Vektoren, sie können sowohl auf den Menschen als auch auf Tiere Krankheitserreger übertragen. Besondere Bedeutung hat dabei die Übertragung von Erreger der Babesiose es Hundes durch die Wiesenzecke.

Vor einigen Jahren noch galt die Babesiose als eine sogenannte Reisekrankheit. Bei Hunden, die sich im südlichen Europa aufgehalten haben oder von dort importiert wurden, wurden Infektionen mit den Blutparasiten festgestellt. Eine aktuell vorgestellte Studie der tierärztlichen Hochschule Hannover hat die Verbreitung der Wiesenzecke in Deutschland erneut untersucht.
Im Vergleich zur vorherigen Untersuchung in 2016 wurde die Wiesenzecke in allen Bundesländern gefunden. Die Verbreitung der Babesiose ist zu befürchten. Aufgrund des flächendeckenden Vorkommens der für die Infektion verantwortlichen Überträger ist der Begriff „Reisekrankheit“ leider nicht mehr passend.
Mittlerweile hat sich die Einteilung in die Gruppe der Canine Vector Borne Diseases (CVBD/durch Vektoren übertragene Krankheiten des Hundes) etabliert.

Entscheidend bei der Infektion des Hundes durch den Blutparasiten scheint die Aufenthaltsdauer der Zecke auf dem Hund zu sein. Ein direktes Entfernen der Zecke vom Tier ist eine entscheidende Maßnahme.
Symptome der Erkrankung sind Mattigkeit, Schwäche, Apathie, Fieber, Anämie, Gelbsucht und Hämoglubinurie. Mögliche Komplikationen sind Nierenversagen, Lebererkrankungen, die zerebrale Form der Babesiose, Lungenödem, Schock. Besonders gefährdet sind splenektomierte Tiere (Tiere nach dem Entfernen der Milz), da die Milz eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Babesiose spielt. Die Diagnose wird über die Blutabnahme beim Haustierarzt und eine entsprechende Laboruntersuchung gestellt. Die Behandlung erfolgt, je nach Erregertyp, durch Imidocarb. Die Behandlung ist extrem belastend für die Tiere und kann erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringen.

Die lückenlose Zeckenprophylaxe ist unverzichtbar.
Mittlerweile muss zu einer ganzjährigen Prophylaxe geraten werden.
Oft werde ich nach pflanzlichen Alternativen zu der beim Tierarzt erhältlichen chemischen Prophylaxe gefragt.
Für mich gibt es bis jetzt leider keine zuverlässig wirksame Alternative zu den beim Haustierarzt erhältlichen pharmazeutischen Präparaten, denn jede Babesiose ist eine zu viel.



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